Mein Redebeitrag (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Beratung des Entwurfs „Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 (Haushaltsgesetz 2021/22 – HG 2021/22)“ – Einzelplan 08 Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
30. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 19.05.2021, TOP 1.7
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wie sozial ist der kommende Landeshaushalt? Lassen Sie mich mit dieser Frage etwas provokant in den Haushalt des Ministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt einsteigen.
Der Einzelplan 8 hat viele Kapitel, die politisch und praktisch kaum Spielraum zulassen, weil es verpflichtende Sozialleistungen sind. Für viele Leistungen besteht ein Rechtsanspruch der Bürger*innen. Das macht einen Sozialstaat aus und ist gut so!
Wenn wir in die Bereiche schauen, die Landespolitik gestalten kann, lassen sich die Schwerpunkte der einzelnen Parteien schon deutlicher erkennen, aber häufig kommt im Sozialbereich dann zugleich die Frage: Braucht das wirklich jemand? Ich möchte in einige Bereiche hineinleuchten und deutlich machen, dass Investitionen in das gesellschaftliche Zusammenleben und Soziales nicht so greifbar sind, wie eine Radweg oder ein Brunnen; aber Abstriche im Sozialhaushalt verdammt weh tun, wenn verbindende Strukturen nicht mehr funktionieren oder gar ganz wegbrechen.
Einen großen Wurf können wir im Bereich der Jugendpauschale machen – mit 2,4 Millionen Euro zusätzlich. Mit der kommunalen Ko-Finanzierung werden hier rund fünf Millionen aktiviert. Davon werden viele jungen Menschen in den Dörfern und Städten profitieren, daher ist es gut und richtig, als Land die Kommunen bei einer partizipativen und pluralen Jugendhilfe zu unterstützen. Wir sehen aber auch, das System der Jugendpauschale muss weiterentwickelt werden. Das steht weit oben auf unserer politischen Agenda, um vor Ort sicherzustellen, dass Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Jugendschutz und Familienbildung wirklich wohnortnah, lebensweltnah und vielfältig stattfindet.
Mein persönliches Herzensprojekt sind die 350 Freiwilligendienst-Plätze, die wir 2021 und 2022 zusätzlich fördern. Durch die Pandemie werden dieses Jahr mehr junge Menschen die Schule ohne klare Perspektive verlassen. In der Krise ist die Orientierung und der Berufseinstieg schwerer und ein Jahr im Ausland nicht ohne weiteres möglich. Ein freiwilliges soziales Jahr ist da ein sinnvolles Angebot. Unsere Hoffnung ist, dass wir mit jedem Freiwilligendienst auch die Chance haben, junge Menschen für Pädagogik, Pflege oder Medizin zu interessieren und damit Fachkräfte von Morgen zu gewinnen.
Der unabhängige Bundesbeauftrage Johannes-Wilhelm Rörig ist seit einigen Jahren das Gesicht der Kampagne „Gemeinsam gegen Missbrauch“ und geht mit mutigen Schritten ein tabuisiertes Thema an – den sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen. Die Zahlen steigen, ebenso wie die Sensibilität für das Thema und die Nachfrage an Beratung und Prävention. Um zu beschreiben, was wir in Sachsen in diesem Bereich in Zukunft leisten müssen, wird ein Masterplan gegen sexuellen Missbrauch entstehen. Mit den 100.000 Euro jährlich wird sich kein Netz an Institutionen spannen lassen, aber wir werden in geeigneten Strukturen eine Anlaufstelle schaffen und analysieren, wo der Bedarf an Entwicklung im Land noch groß ist. Ich bin überzeugt, wir müssen hier noch genauer hinschauen und den Betroffenen sowie den Aktivist*innen damit den Rücken stärken.
Unser gesellschaftliches Zusammenleben ist nicht nur durch Corona stark belastet. Während in einem Teil der Gesellschaft digitale Fortbildungsformate zur gewaltfreie Kommunikation boomen, mobilisieren im anderen Teilen gewaltbereite Strukturen gegen alles Mögliche. Jeder bewegt sich in seiner Blase, die gesellschaftliche Polarisierung schreitet voran. Abgrenzung wird schneller zu Ausgrenzung, vor allem im anonymen Netz. Umso wichtiger ist es, Orte der Begegnung, des Dialoges und des Miteinander zu erhalten und zu stärken. Das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ macht genau das möglich. Wir setzten dieses erfolgreiche Landesprogramm mit mehr Geld, aber auch mit mehr Motivation denn je fort.
Auch Tierschutz ist Teil einer sozialen Politik und eines der BÜNDNISGRÜNEN Kernthemen. Mit der Erhöhung der Zuschüsse für Tierheime von 350.000 auf 670.000 Euro gehen wir einen Schritt hin zu einer stabilen Tierheimfinanzierung. Nicht nur im Haushalt, sondern auch über die Förderrichtlinie, werden wir in Zukunft eine verlässliche Finanzierung von Personalkosten sicherstellen und den existenziellen Problemen von Tierheimen entgegenwirken.
Ich bin überzeugt, der Doppelhaushalt 2021/22 ist sozial. Trotz immenser Mehrausgaben in der Corona-Krise bleibt die Finanzierung sozialer Aufgaben stabil und wird in einigen Bereichen sogar ausgebaut. Mit diesem Haushalt unterstützen wir besonders die junge Generation, stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie.
Vielen Dank!