Mein Redebeitrag zur Ersten Aktuellen Debatte der Fraktion BÜNDNISGRÜNE: „Hauptgegner Klimakrise – Lösungen zum Schutz von Mensch und Umwelt konkret umsetzen“
73. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 05.07.2023, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
lassen Sie uns über die Welt reden, in der wir leben wollen und können.
Dr. Eckart von Hirschhausen als Arzt und Wissenschaftsjournalist hat zum Kirchentag im vergangenen Monat dazu aufgerufen, unsere Übernächstenliebe zu suchen und uns für ein Klima einzusetzen, was auch unseren Enkelinnen und Enkeln ein gutes Leben schenkt.
Klimaschutz ist dabei Gesundheitsschutz – denn der Wandel des Klimas konfrontiert uns immer rasanter und heftiger mit Ereignissen wie Hitzewellen, längeren Allergiephasen, asiatischen Tigermücken und Fluten.
Allein an dem einen Thema „Hitze“ lässt sich schon eine ernste Gefahr für unsere Gesundheit aufzeigen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) schätzt die Zahl der Hitzetoten allein für 2022 auf rund 4.500.
Die Krankenkasse DAK-Gesundheit hat aktuell einen Hitzereport veröffentlicht. Danach hatten 20 Prozent der Deutschen bereits Mitte Juni Gesundheitsprobleme durch Hitze. Am meisten wurden Abgeschlagenheit, Kreislaufprobleme und Schlafstörungen beklagt.
Besonders ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen brauchen mehr Ansprache, um ausreichend zu trinken, da sie kein so ausgeprägtes Durstempfinden mehr haben, oder Medikamente müssen in der Dosierung angepasst werden, da Hitze die Medikamentenwirkung verändert.
Aber auch Schwangere, Babys und Kinder sind viel stärker betroffen und vulnerabel gegenüber Hitze. So hat eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf gezeigt, dass Temperaturen über 35°C das Risiko einer Frühgeburt um bis zu 45 Prozent steigern können.
Die hohen Temperaturen haben aber auch Einfluss auf unsere Arbeitswelt, so sind wir nicht so leistungsfähig und konzentriert. Und bei Erwerbstätigen, die den ganzen Tag draußen in der Sonne arbeiten, ist ein besonderes Maß an Gesundheitsschutz erforderlich, damit sie keinen Hitzeschlag erleiden.
Ich empfehle sehr die arte-Reportage „Hitzefrei? Klima wandelt Arbeit“, die sehr plastisch u.a. am Beispiel der Bauarbeiter*innen in Frankreich zeigt, wie Arbeitswelt und steigende Temperaturen Mensch, Wirtschaft und Infrastruktur an den Rand des Kollapses bringen können. Ich schaue mir diese Dinge an und denke: Krass – da müssen wir uns was einfallen lassen oder wir haben bald monatelang leere Baustellen und nichts wird fertig.
Ein neuer Bericht des RKI „Klimawandel und Gesundheit“ warnt, dass steigende Temperaturen das Risiko für Infektionskrankheiten erhöhen. Unter wärmeren Klimabedingungen können sich krankheitserregende Bakterien in Deutschland besser vermehren.
Die Erde wird sich von dem Chaos, das wir Menschen hier gerade produzieren, wieder erholen. Das hat sie mehrfach gezeigt. Aber unsere Aufgabe ist es, dass die Spezies Mensch auch weiterhin Teil dieser Erde sein kann und es uns nicht wie den Dinosauriern ergeht!
Menschen gemachter Klimawandel hat etwas Positives: Wir – die, die jetzt leben und Verantwortung haben – sind die Lösung und können sowohl Klimaanpassung als auch Klimaschutz aktiv gestalten.
So hat das Bundesumweltministerium „Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen“ herausgegeben und bereits einige Bundesländer, Städte und Kommunen haben Maßnahmen in Hitzeaktionsplänen unter der Berücksichtigung ortsspezifischer Gegebenheiten aufgestellt.
Andere europäische Länder wie Frankreich, Österreich oder Spanien haben bereits über mehrere Jahre nationale Hitzeschutzpläne. Wir brauchen also keine neuen Ideen entwickeln, sondern können uns sehr gut an diesen Beispielen orientieren. In all diesen Ländern spielen Aufklärung und Prävention eine große Rolle.
Auch in Sachsen ist das notwendig, um uns allen die kommenden heißen Sommer erträglich zu gestalten.
Die bundeseinheitlichen Empfehlungen sehen vor, dass es Hitzeschutzpläne in Pflegeeinrichtungen sowie Konzepte für Kommunen und Krankenhäuser geben soll.
Außerdem sollen Hausärztinnen und Hausärzte ihre gefährdeten Patient*innen bei Hitzewellen warnen. Nach dem Vorbild Frankreichs sind bestimmte Warnstufen vorgesehen. Auf der Grundlage des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sollen dann konkrete Maßnahmen greifen.
Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sind zum Teil mit großen Fenstern Richtung Süden gebaut und diese heizen sich im Sommer besonders auf. Hier müssen wir bei Sanierungen und künftigen Investitionen darauf achten, dass sowohl der Hitzeschutz als auch der Klimaschutz, mitgedacht werden.
Der Weltklimarat hat es uns auf die Fahnen geschrieben: Wir müssen jetzt drastische Maßnahmen ergreifen, um noch schlimmere Auswirkungen der vom Menschen verursachten Erderwärmung zu vermeiden. Nicht zum Selbstzweck – sondern um eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft zu sichern.
Wer die Krisen dieser Zeit verkennt und den Menschen immer wieder erklärt, wir machen einfach so weiter und bewahren euch vor Veränderungen, hat nicht verstanden, dass die Welt sich weiterentwickelt und er nimmt nicht wahr, dass die Sächsinnen und Sachsen sehr wohl sehen, dass es bedrohlich wird, wenn Hitze, Starkregen, sinkendes Grundwasser und neue Virusüberträger unsere Gesundheit bedrohen.
Wir brauchen eine Akzeptanz der Klimakrise und aktive Lösungen für den Schutz der Menschen, die dann auch vom Land über den Kreis bis zur Gemeinde getragen werden.
Der Hauptgegner dabei sind nicht die BÜNDNISGRÜNEN, sondern das Beharrungsvermögen, was heißt: Klimakrise ignorieren und mit Volldampf in die Katastrophe – mit all den gesundheitlichen Auswirkungen.
Im Sinne der Übernächstenliebe braucht es gemeinsam gute Ideen, wie wir die notwendigen Anpassungen gestalten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!