Antrag: Flächendeckende Grundversorgung sicherstellen und mit spezialisierten Schwerpunkten hohe Qualität erreichen – Leitlinien zur Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung im Freistaat Sachsen
Es gilt das gesprochene Wort:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Kolleg:innen,
das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt hat das fast 30 Jahre alte Sächsische Krankenhausgesetz angepackt, um es grundlegend zu reformieren. Dafür erstmal herzlichen Dank! Denn dieses Gesetz entspricht nicht mehr der heutigen Zeit. Viele Strukturen haben sich verändert, neue Technologien bestimmen den Alltag und die Anforderungen der Sächs:innen sind gestiegen.
Ganz transparent wurde der Prozess mit sechs Workshops als Zukunftswerkstatt eingeleitet. Eine große Beteiligung mit unterschiedlicher Expertise führten zu vielfältigen Vorschlägen für eine Modernisierung und Weiterentwicklung der sächsischen Krankenhauslandschaft.
Wir, die Koalitionsfraktionen, möchten diesen Prozess mit unserem Antrag unterstützen. So ist uns die Versorgungssicherheit in ganz Sachsen, unabhängig ob Stadt oder Land, besonders wichtig.
Es muss für jede Sächsin und jeden Sachsen, die Möglichkeit geben, im Notfall medizinische Grundversorgung zu erreichen. Dies stellt uns gerade im ländlichen Raum vor große Herausforderungen. Bedingt durch den demografischen Wandel, fehlen uns Ärzt:innen und Pflegefachkräfte auf dem Land, um eine 24/7-Versorgung aufrecht zu erhalten, und zum anderen benötigt gerade die dort alternde Bevölkerung eine enge medizinische Betreuung.
Um genau unter diesen schwierigen Bedingungen medizinische Versorgung zu gewährleisten, wollen wir neuen Versorgungskonzepte, wie Gesundheitszentren gestalten.
Hier werden unterschiedliche Haus- und Fachärzte wie auch andere medizinische Akteure wie Physio-, Ergo- oder Logopädie, Apotheken, Pflegedienste unter einem Dach Patient:innen versorgen. Ausgestattet mit Krankenhausbetten auch für die stationäre Behandlung wäre die Grundabsicherung im Krankheitsfall vor allem in Wohnortnähe gegeben. Diese sektorübergreifende Versorgung funktioniert derzeit noch nicht reibungslos, dass muss sich ändern!
So hatte sich das Krankenhaus Emmaus in Niesky bereits auf den Weg gemacht und ein Gesundheitszentrum gegründet. Der Chefarzt für Innere Medizin arbeitete sogar Teilzeit als niedergelassener Arzt um ambulante Behandlungen insbesondere Vor- und Nachbehandlungen zu einem stationären Eingriff durchführen zu können. Hier kommt er immer wieder an Grenzen, so kann er z.B. das MRT im Krankenhaus nicht nutzen, obwohl freie Kapazitäten vorhanden sind. Er muss seine Patient:innen in eine niedergelassene Radiologie mit langen Wartezeiten überweisen oder eine Einweisung ins Krankenhaus für ein MRT z.B. als vorstationäre Behandlung vornehmen. Um diese Stellschrauben im Vergütungssystem bei ambulanten und stationären Behandlungen richtig zu justieren, warten wir jetzt ungeduldig auf die Reformen auf Bundesebene. Im Koalitionsvertrag im Bund sind genau diese Schnittstellen erkannt und sollen u.a. mit Hybrid-DRGs behoben werden.
Apropos DRG, egal ob hybrid oder sonst wie, die aktuellen Steigerungen der Tarifverträge und der Energiekosten müssen sich darin schneller abbilden, sonst haben bald alle Häuser eine wirtschaftliche Schieflage.
Aber noch einmal zurück zum neuen Sächsischen Krankenhausgesetz, welches natürlich auch kritisch und ängstlich betrachtet wird, weil es die Versorgungsstufen unserer sächsischen Krankenhäuser berührt. Wenn Ressourcen und Personal knapp sind und gleichzeitig der Anspruch nach höchstmöglicher Qualität steht, muss die Frage gestellt werden, wo Versorgung wohnortnah und vor Ort sicherzustellen ist und wo über Maximalversorger die gesamte Palette an hochspezialisierten Leistungen angeboten wird.
Dies bedeutet auch, wir müssen einen Umbauprozess anstoßen, der sich danach richten muss, dass wir die Grundversorgung regional sicherstellen, aber eben auch hochspezialisierte Eingriffe nur an Krankenhäusern mit hoher Qualität und Kompetenz durchführen lassen. So belegt eine Auswertung der AOK, dass die Sterblichkeitsrate bei Krebspatien:innen, die in zertifizierten onkologischen Zentren behandelt wurden bis zu 26% geringer ist, gegenüber Behandlungen in nicht zertifizierten Krankenhäusern. Deshalb sollte nicht jedes „Krankenhaus“ ungeachtet von Qualitätskriterien Behandlungen durchführen dürfen. Dies ist ein wichtiger Auftrag an die Staatsregierung, auf Qualitätskriterien zu achten.
Um die Qualität und Fachexpertise zu fördern, brauchen wir aus- und weitergebildete Mediziner:innen. Oft kann eine Klinik alleine nicht alle notwendigen Inhalte für die Weiterbildung von Ärzten und Ärztinnen anbieten, deshalb ist eine krankenhausübergreifende Zusammenarbeit über die Versorgungsstufen hinaus notwendig.
Das passiert nicht von alleine und deshalb ist es für uns ein essentieller Bestandteil der Krankenhausreform.
Da wir uns in Sachsen, wie auch im Bund auf den Weg für eine zukunftsfähige Gestaltung der Krankenhauslandschaft und damit der medizinischen Versorgung machen, sollten wir auch bereit sein, zwischendrin zu schauen, sind wir noch auf dem richtigen Weg oder müssen wir vielleicht an einer Kreuzung abbiegen. Um nicht wieder nach mehreren Jahrzehnten festzustellen, dass die Welt sich entwickelt, aber das Krankenhausgesetzt stehen geblieben ist, braucht es eine Evaluation in 8 bis 15 Jahren.
In Punkt II.3. möchten wir die Einbindung der Akteure vor Ort in die strategische Planung der medizinischen Versorgung in den jeweiligen Regionen ermöglichen. Die Vertreter der Kommunen sind in ihren Regionen verortet, kennen ihre Bürger*innen und ihre Bedürfnisse. Eine Einbindung führt zu gegenseitigem Verständnis und zur gemeinsamen Suche nach der Besten Lösungen für die medizinische Versorgung. Mit regionalen Konferenzen können Emotionen bei Veränderungsprozessen aufgefangen und in zielführende Debatten gelenkt werden.
Die Novellierung des Sächsischen Krankenhausgesetztes ist ein notwendiger und mutiger Schritt der Staatsregierung, der noch 2022 verabschiedet werden soll.
Uns BÜNDNISGRÜNEN sind die wohnortnahe Versorgung und die Sicherung der Qualität für Patient*innen ein Herzensanliegen, die Stärkung der Weiterbildungsverbünde für die Fachärzt*innenausbildung sehen wir als unverzichtbare Absicherung für die Zukunft und die dringende Bitte um eine Evaluation soll sicherstellen, dass wir in 8 bis 10 Jahren schauen, ob wir auf dem richtigen Weg sind.
Bitte unterstützen Sie den Antrag der Koalition!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!