Meinung und Kommentar: Wie weiter nach der Corona-Pandemie? Aufarbeitung, medizinische Versorgung und Verständnis füreinander

Die weltweite Corona-Pandemie stellte durch ein neuartiges Virus die Gesellschaft und die Politik in den Jahren 2020 bis 2023 vor immense Herausforderungen.

So erkrankten viele Menschen und mussten stationär und oft intensivmedizinisch behandelt werden. Viele, besonders ältere Menschen, verstarben, die Sterberate war in Sachsen im Bundesvergleich am höchsten.

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Kamenz, https://www.statistik.sachsen.de/html/statistischbetrachtet-corona-sterblichkeit.html

Im Dezember 2020 betrugen die Sterbefälle 9 900 Personen, dies bedeutete im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 mit 4 800 Gestorbenen eine Zunahme um rund 106 Prozent. In der 1. Kalenderwoche des Jahres 2021 lagen die Zahlen in Sachsen nun 77 % oder etwa 887 Fälle über dem Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2020. In Thüringen (+55 % oder etwa 334 Fälle), Brandenburg (+53 % oder 353 Fälle), Sachsen-Anhalt (+39 % oder 273 Fälle) und in Hessen (+34 % oder 468 Fälle) lag die Zahl der Sterbefälle in der ersten Januarwoche ebenfalls mindestens 30 % über dem Vierjahresdurchschnitt.

Der Bundestag stellte im März 2020 die epidemische Lage von nationaler Tragweite fest. Es wurden viele Maßnahmen getroffen, die dem Schutz und der Gesundheit der Bevölkerung dienen sollten. Dazu zählten das Tragen von Masken, Ausgangssperren, Schließung von Schulen und Kitas sowie die Corona-Schutzimpfungen.

Menschen, die an Corona erkrankten, leiden teilweise immer noch an den Spätfolgen der Infektion. Für Wissenschaft, Medizin und Gesellschaft, aber besonders für Betroffene und Angehörige sind Post- und Long-Covid herausfordernd. Handlungsbedarf besteht vor allem im Bereich der Versorgung und der Forschung, um das Krankheitsbild zu erfassen und die Behandlung von Betroffenen zu verbessern.

Gesundheitliche Beschwerden, die nach Covid-19-Schutzimpfungen aufgetreten und andauernden Long-Covid-Symptomen ähnlich sind, das sogenannte Post-Vac-Syndrom, bedürfen ebenfalls einer besonderen Beachtung. D.h. Betroffene benötigen eine adäquate medizinische Behandlung und diese Nebenwirkungen müssen an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gemeldet werden, damit eine umfassende wissenschaftliche Bewertung erfolgen kann.

Wir BÜNDNISGRÜNE haben uns während der gesamten Pandemie dafür eingesetzt, einen Ausgleich zwischen den notwendigen Schutzmaßnahmen auf der einen und der Sicherstellung der Bürgerrechte auf der anderen Seite zu finden. Dazu zählten im besonderen Maße die Belange von Kindern und Jugendlichen.

Eine BÜNDNISGRÜNE Initiative zu einem Parlamentsbeteiligungsgesetz im Jahr 2020 fand leider innerhalb der sächsischen Regierungskoalition keine Mehrheit.

Im Rahmen der Koalition wurden durch die Landesregierung verschiedene Forschungsprojekte im Zusammenhang mit Covid-19-Erkrankungen und Long-Covid gefördert und eine Studie zur psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern im Freistaat Sachsen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erstellt.

Wir haben uns an Fachgesprächen im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) beteiligt, um die Handlungsbedarfe in den Bereichen Kita, Schule, Forschung und Medizin gerade für erkrankte Kinder und Jugendliche zu erörtern.

Für eine Aufarbeitung gibt es noch weiteren Handlungsbedarf, der in der neuen Legislaturperiode angegangen werden muss:

  • Ein Rückblick und eine Reflexion dieser Ausnahmesituation ist erforderlich, damit wir für die Zukunft im Falle von Pandemien oder anderen Extremereignissen so aufgestellt sind, dass Erfahrungen einfließen können. Der Blick von Expert*innen wie auch die Kenntnisse aus den Studien zu Kindern und Jugendlichen und die Erfahrungen aus dem Bürgerrat Forum Corona sind hierbei sinnvoll und geben Empfehlungen für einen künftigen Umgang mit Ausnahmesituationen wie der Corona-Pandemie. Die Erfahrungen haben uns gezeigt, dass unser Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft als Ganzes widerstandsfähiger werden müssen. Eine unabhängige und wissenschaftlich arbeitende Fachkommission ist der richtige Schritt, damit das Thema nicht parteipolitisch instrumentalisiert wird. Diese soll eine Aufarbeitung in vielfältigen Bereichen, wie beispielsweise Kita, Schule, Gesundheit, Pflege, Kultur und Wissenschaft, ermöglichen.
  • Die Corona-Pandemie hat unsere Gesellschaft vor eine außergewöhnliche Situation gestellt und zu einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaft geführt. Um diese aufzulösen, regen wir ein Gesprächsformat für Bürger*innen an, um Erfahrungen der Corona-Zeit moderiert und im gegenseitigen Respekt austauschen zu können. Im besten Fall kann so Verständnis für einander entstehen und unsere Gesellschaft auf künftige pandemische Krisen besser vorbereitet werden.
  • Des Weiteren wollen wir die Versorgung der Langzeiterkrankungen nach einer Corona-Erkrankung oder Covid-19-Schutzimpfung verbessern, das können zum Beispiel spezialisierte Ambulanzen oder interdisziplinäre Teams sein. Im Vorfeld sollte durch eine strukturierte Datenerfassung der Versorgungsbedarf für Diagnostik und Therapie ermittelt werden.
  • Die Handlungsmöglichkeiten und pädagogischen Freiheiten von Lehrkräften sollten aufgezeigt und gebündelt dargestellt (z.B. zu Umfang der Leistungsermittlung und -bewertung), um den Lehrkräften ein Hilfs- bzw. Unterstützungsangebot für die pädagogische Praxis an die Hand zu geben.

Wir wollen keine politische „Schlammschlacht“ und Schuldzuweisungen, sondern eine „Lessons Learned“, um für künftige Pandemien und Krisen besser aufgestellt zu sein.