Psychische Erkrankungen „Unser Ziel ist es, Betroffene und Angehörige frühzeitig und umfassend zu unterstützen.“

Mein Redebeitrag zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Sächsisches Gesetz zur Reform der Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen“ (Drs 7/15722)

89. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 12.06.2024, TOP 14

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Anzahl an Menschen, die unter psychischen Erkrankungen leiden, hat zugenommen. Die Folgen für die Betroffenen, für ihre soziale und berufliche Teilhabe sind enorm und stellen auch die Gesellschaft vor Herausforderungen. Aus diesem Grund hatten wir innerhalb der Koalition die Evaluierung des Sächsischen Psychisch-Kranken-Gesetzes vereinbart. Die Evaluierung und vier Workshops des Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) mit breiter Beteiligung von Fachverbänden, Medizinern, Betroffenen- und Angehörigenverbänden, der kommunalen Ebene und weiteren Experten haben die Grundlage für den Gesetzentwurf geschaffen.

Das geltende Gesetz stammt ursprünglich aus dem Jahr 1994. In der Zwischenzeit stellen neue und moderne Instrumente und Formen der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung den fachlich anerkannten Standard dar. Diese sind in die Novellierung eingeflossen. Das Ziel des Gesetzes ist es, bereits frühzeitig mit ambulanten psychiatrischen und psychosozialen Hilfsangeboten Erkrankte zu unterstützen, damit stationäre psychiatrische Behandlungen vermieden werden können. Dazu können Krisendienste, die sektorenübergreifende Koordination von Leistungen, die Bildung von Verbünden der Leistungserbringer oder der Einsatz von Genesenenbegleiter*innen genutzt werden.

In vielen Landkreisen und kreisfreien Städten haben sich bereits gute Hilfsangebote bedarfsabhängig etabliert. Es bestehen auch schon Gemeindepsychiatrische Verbünde wie z.B. in Görlitz. Hier schließen sich unterschiedliche Leistungserbringer einer Versorgungsregion zusammen und verpflichten sich zur Kooperation und zur Organisation umfassender psychiatrischer Hilfen, vor allem für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen und einem komplexen Hilfebedarf. Diese Verbünde verbessern die Versorgung schwer psychisch kranker Menschen, da eine nahtlose Versorgung von stationär zu ambulant angestrebt wird. Damit fallen erkrankte Personen nach einem stationären Aufenthalt nicht in ein „Behandlungsloch“.

Außerdem stärken wir die Beteiligung und Mitbestimmung von Betroffenen und Angehörigen, auch Patientenfürsprecher*innen in stationären Einrichtungen sind zu bestellen. Diese nehmen sich den Wünschen und Beschwerden der Patient*innen und ihrer Angehörigen an, beraten und vermitteln zwischen dem Krankenhauspersonal und den erkrankten Personen.

Erkrankte sind besonders schutzwürdig. Deshalb wurde der Gewaltschutzgrundsatz im Gesetz berücksichtigt.

Damit wir entscheiden können, wo, in welcher Region, welche Hilfsangebote benötigt werden, damit eine wohnortnahe Behandlung möglich ist, ist die Psychiatrieberichterstattung ins Gesetz aufgenommen worden.

Im Rahmen der Anhörung im Landtag wurde zum Gesetzentwurf von Sachverständigen Stellung genommen, dabei wurden besonders die Regelungen zum Krisendienst, zur Beschwerdestelle und zu den Verbünden der Leistungserbringer thematisiert. Hier gab es Kritik, dass die Regelungen im Gesetzentwurf nicht verbindlich sind.

Die sächsischen Landkreise und kreisfreien Städte haben bereits jeweils einen eigenen Weg zur Versorgung psychisch Erkrankter und der damit verbundenen Hilfestrukturen aufgebaut. Mit einer gesetzlichen Regelung, dass Krisendienste, Beschwerdestellen und Leistungsverbünde verpflichtend eingerichtet werden müssen, würde das Land starre Strukturen vorgeben, die im besten Fall bereits genau so oder ähnlich existieren und ihre Berechtigung haben. Aber genauso gut kann es passieren, dass diese Strukturen nicht benötigt werden, da sich der Hilfebedarf zwischen den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten stark unterscheidet. Um jedoch kreisfreie Städte und Landkreise bei Beratungs- und Unterstützungsangeboten zu unterstützen, die Bildung von Verbünden und auch den Einsatz von Genesenenbegleiter*innen zu stärken, möchte ich im Namen der Koalition unseren Entschließungsantrag hiermit einbringen. Im Entschließungsantrag ist der Auftrag an die Staatsregierung, den Landespsychiatrieplan bis Ende 2026 fortzuschreiben, enthalten. Ebenso sollen die Beschwerdemöglichkeiten für Erkrankte und Angehörige transparenter gemacht werden.

Beschwerdemöglichkeiten sind bereits heute bei Krankenhäusern, Krankenkassen oder der Sächsischen Landesärztekammer möglich. Wir wollen daher, dass die Staatsregierung diese Möglichkeiten aufzeigt und öffentlich darüber informiert.

Da psychische Erkrankungen für Betroffene, Angehörige und für die Gesellschaft eine hohe Belastung mit großen Auswirkungen und Herausforderungen darstellen und wir das sächsische Hilfssystem zukunftsfähig gestalten und als Unterstützung für Betroffene weitentwickeln wollen, bitten wir um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank!