Sachsen hat mehr Platz und Kapazitäten

Liebe Interessierte,

ich erhalte gerade unzählige Anfragen zu Moria und dem Kampf, um mehr Aufnahmekapazitäten. Leider bin ich nicht mehr in der Lage alle Briefe und Mails persönlich zu beantworten, daher hier eine globale Erklärung.

Ich war vor wenigen Wochen vor Ort in Moria. Dass, was in Moria passiert, ist GENAU SO von Griechenland gewollt, weil Griechenland die Insel, die Einwohner, die NGOs und die geflüchteten Menschen alleine lässt.

Es ist GENAU SO von Europa gewollt, um abzuschrecken und zu zeigen, dass es keine Lösung für das Thema Migration und Grenzkonflikte geben soll.

Was jetzt, wie unter dem Brennglas deutlich wird, ist das auch Deutschland es GENAU SO will. Die CDU/CSU in ihrer Rolle als Staatsmacht lässt alle kalt ablaufen – Flüchtlinge, Hilfsorganisationen und progressive Parteien. Sie wollen nichts bewegen und gleich gar nicht Menschen retten, die keinen deutschen Pass haben. Die Themen Asyl, Abschiebung und Integration waren bereits in den Koalitionsverhandlungen die Bereiche, in denen GRÜNE und CDU am weitesten auseinanderlagen. Jede Formulierung, jede Zahl, jedes Komma in diesem Teil des Koalitionsvertrages ist Kompromiss zwischen fast unvereinbaren Positionen. Dass sich diese Positionen auch weiterhin durch die Koalition ziehen, wird gerade dann deutlich, wenn die aktuellen Geschehnisse und das Leid der Geflüchteten für uns GRÜNE die unabweisbare Pflicht bedeutet, zu helfen und bei der CDU in großen Teilen zu Abwehrreflexen führt.

Auch wenn es auf den ersten Blick lächerlich erscheint, ist die Vereinbarung des Koalitionsvertrages, dass wir im Rahmen der Programme des Bundes mindestens 150 Menschen aus besonders gefährdeten Gruppen aufnehmen, ein hart verhandelter Punkt. Allerdings sind wir bei dieser Vereinbarung des Koalitionsvertrages nicht stehengeblieben. Wir GRÜNEN haben seit Frühjahr 2020 in der Koalition für eine weitere Aufnahme minderjähriger Geflüchteter von den griechischen Inseln gekämpft und erreicht, dass zusätzlich 70 minderjährige Geflüchtete aufgenommen werden.

Nach den schrecklichen Ereignissen von Moria letzte Woche haben wir erneut das Gespräch mit unseren Koalitionspartner gesucht, um weiter über die Aufnahme weiterer Geflüchteter zu verhandeln und um damit den Druck auf den Bund aufrecht zu erhalten und zu erhöhen.

Die LINKE hatte diese Woche im Sozialausschuss ihren Antrag aus April diesen Jahres zur Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland durch ein Landesaufnahmeprogramm zur Abstimmung gestellt. Wir teilen die Forderung, Geflüchtete aus Griechenland in Sachsen aufzunehmen. Die Entscheidung, dennoch gegen den Antrag zustimmen, hat unterschiedliche Gründe, über die in den letzten Tagen viel diskutiert wurde. Leider scheitert ein Landesaufnahmeprogramm derzeit am Bund und ist ohne dessen Zustimmung nicht umsetzbar.  Aktuell verweigert der Bund seine Zustimmung und blockiert Initiativen wie in Thüringen und Berlin. Indem wir als Freistaat deutlich machen, dass wir gemeinsam mit dem Bund Geflüchtete aus Griechenland aufnehmen können, erhöhen wir den Druck auf den Bund, seine Blockade aufzugeben und somit Kommunen und Ländern die Aufnahme nach ihren Kapazitäten zu ermöglichen.

Wir haben mit der Vereinbarung, 70 Kinder in Sachsen aufzunehmen, einen ersten kleinen aber wichtigen Schritt erreicht. Daran müssen wir anknüpfen.

Wir wissen, dass Sachsen mehr Kapazitäten und Platz hat. 

Inzwischen hat der Bund, auch aufgrund der Bereitschaft in den Ländern, erklärt 1533 Eltern und Kinder aufnehmen. Die Einigung steht in keiner Relation zu dem Elend auf den griechischen Inseln, dennoch sind wir froh um jeden Platz, der den Geflüchteten für ein menschenwürdiges Ankommen bekommen. Der sächsische Ministerpräsident äußerte sich dazu, Sachsen wolle 75 Menschen davon aufnehmen. An unserer Vereinbarung, zusätzlich 70 Menschen aufzunehmen, halten wir fest und werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Sachsen und der Bund noch weitere Geflüchtete aus Griechenland aufnehmen wird. 

Wir müssen den Druck weiter aufrechterhalten. Dabei helfen uns Eurer Engagement, sei es auf der Straße oder in den Kommunen, welche ebenso ihre Aufnahmebereitschaft erklären können. 

Wenn ihr dazu Fragen habt, meldet Euch bei uns. Wir unterstützen Euch gern.


Es folgt die offizielle Pressemitteilung der Sächsichen Bündnisgrünen:

Asyl ist ein Menschenrecht

Sächsische Bündnisgrüne fordern höhere Aufnahmebereitschaft der Landesregierung

„Vor unser aller Augen spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab: Mitten in Europa fehlt es tausenden Menschen an elementarsten Dingen – Nahrung, sauberem Wasser und einem Dach über dem Kopf! Die elende Situation Geflüchteter auf den griechischen Inseln ist für uns Bündnisgrüne unerträglich.“ sagt Christin Furtenbacher, Vorstandssprecherin Bündnis 90/DIE GRÜNEN Sachsen. Es ist das Gebot der Stunde, die unmenschlichen Folgen der europäischen Fluchtmigrationspolitik abzufedern. Es ist das Gebot der Stunde, ein Mindestmaß an Menschlichkeit zu bewahren. – Es ist höchste Zeit, besonders schutzbedürftige Geflüchtete aus Griechenland und auch aus anderen Lagern aufzunehmen.

Bündnis 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern die Sächsische Landesregierung auf, die Aufnahmebereitschaft des Freistaates gegenüber dem Bund signifikant zu erhöhen. „Die bisher zugesagte zusätzliche Aufnahme von 75 Geflüchteten ist viel zu wenig – angesichts der Not, die tausende Menschen auf den griechischen Inseln leiden.“ sagt Vorstandssprecherin Christin Furtenbacher. „Es ist zu wenig gemessen an dem, was Sachsen an Hilfe leisten kann.“ ergänzt sie. Die Bereitschaft 1553 Menschen aus Griechenland aufzunehmen ist viel zu wenig, angesichts der der Verantwortung, die die Bundesrepublik innerhalb der EU trägt. Es ist zu wenig gemessen an dem, was Deutschland schaffen kann.

Christin Furtenbacher weiter: „Es ist eine Frage der Menschlichkeit, aber nicht nur das: Asyl ist ein Menschenrecht. Es liegt jetzt in den Händen der Christdemokraten zu zeigen, ob sie an der Seite von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Hilfsorganisationen stehen. Es liegt in den Händen der Christdemokraten zu zeigen, ob sie gemeinsam mit den demokratischen Kräften in unserem Land für europäische Werte einstehen! Wir haben das vor fünf Jahren geschafft und schaffen das auch jetzt!“

Bilder: David Pichler