49. Plenarsitzung am 4. Mai 2022 – TOP 6: Zweite Beratung des Gesetzesentwurfs der Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Präsident,
meine Damen und Herren,
Die Debatte zu einem Kinder- und Familienfeiertag ist weder neu noch besonders lange her. Bereits 2019 haben wir einen gleichlautenden Gesetzesentwurf hier im Landtag diskutiert.
Das Anliegen, mehr Zeit für die Familie zu schaffen, teilen wir GRÜNEN bedingungslos. Nur ist ein solcher Feiertag eher ein symbolischer Akt als eine wirkliche, spürbare Verbesserung für Familien.
Familienfreundlicher wird Sachsen damit auch nicht automatisch. Und das erklärte Ziel des Antrags, mit Hilfe eines solchen Feiertages „auch künftig zum Vorderfeld der familien- und kinderfreundlichen Bundesländer zählen“ zu wollen, ist ein Versprechen, das damit nicht eingelöst wird.
Die Grundproblematik sehe ich sehr wohl: Viele Menschen sehnen sich in unserer beschleunigten Gesellschaft und in der sich schnell verändernden Arbeitswelt nach mehr Zeit!
Egal ob Elternzeit, Pflegezeit oder Auszeit. Damit Menschen wieder das Gefühl haben für sich und ihre Lieben sorgen zu können und damit Zusammenhalt zwischen den Generationen, in der Patchwork-Familie oder unter Geschwistern zu stärken, muss Politik wegkommen von der Formel Zeit=Geld.
Und da Eltern nicht nur Eltern sind und in aller Regel zwischen Frühstück und Abendbrot arbeiten gehen, ist eine gute Kinderbetreuung existentiell wichtig und eine echte Ganztagsschule auch über die 4. Klasse hinaus von großer Bedeutung.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele junge Menschen durchaus eine relevante Frage bei der Familiengründung. Klassische Rollenbilder verschwinden Zusehens. Frauen wollen nicht mehr zwangsläufig in die unterbezahlte Teilzeit-Falle rutschen und Männer ihr Kind nicht mehr nur ins Bett bringen und Wochenendpapa sein.
Was Sachsen braucht, sind verlässliche Angebot für Kinder und Jugendliche und zwar überall und flexible Arbeits- und Familienzeitmodelle. Trotz vieler Entwicklungen in den letzten Jahren ist hier noch viel Luft nach oben. Ich sehe es als unsere Aufgabe hier im Haus an, das Angebote und Hilfen für Familien, überall selbstverständlich sein müssen und wir diese mit den Landkreisen und Kreisfreien Städten weiterzuentwickeln und an Standards zu arbeiten.
Machen wir es mal plastisch: Wenn ich im Familienzentrum in Annaberg bin und dort der Aufkleber des Landkreises für Familien in Not auf das Frauenhaus in Freiberg oder Chemnitz verweist, weil man selbst kein Angebot vorhält, sehe ich hier dringenden Handlungsbedarf.
Egal ob Frauenhaus oder mobile Angebote im ländlichen Raum, egal ob die Absicherung eines Kitaplatzes in einer der zwei wachsenden Städte oder die Sicherung des Fachkräftebedarfes für die gute Betreuung. Das ist für mich Familienfreundlichkeit und da müssen wir dranbleiben!
Ein Feiertag stellt Kinder, Jugendliche und Familien für einen Tag in den Fokus. Was wir brauchen, ist dieser Fokus für das ganze Jahr!
Deshalb ist uns der Erhalt oder besser der Ausbau von Angeboten der Jugendhilfe gerade auch im ländlichen Raum, die Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien in den Gemeinden und Kommunen vor Ort und den dazugehörigen finanziellen Spielräumen in den Gemeinden und Kommunen wichtig.
Ein Blick in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene zeigt, dass das Thema Familie und gute Zeiten für Diese auch hier gesehen wird. So ist ein umfassendes Investitionsprogramm für Familienbildungsstätten geplant, um Familienfreizeiten aufzuwerten, die Verlängerung des Basiselterngeldes um einen Monat steht an und zwar MIT der Aufnahme von Pflegeeltern in den Kreis der Anspruchsberechtigten!
Ein für mich zentraler Punkt von Familienfreundlichkeit ist die Kindergrundsicherung mit einer Bündelung aller Leistungen und der Schaffung eines Garantiebetrags. Wenn die Teilhabe von Kindern gesichert ist, nimmt das bereits viel Druck aus den Familien. Ich bin wirklich froh, dass wir da im Bund jetzt ein ganzes Stück vorankommen werden.
Und lassen Sie uns endlich die Kinderrechte im Grundgesetz verankern. Wenn wir anfangen, dass Wohl von Kindern und Jugendlichen und damit auch das von Familien endlich in allen politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen einfließen zu lassen, kommt das bei Familien an.
Die Initiative „Familienfreitag“ von der Fraktion DIE LINKE, greift uns zu kurz und zudem sind viele wichtige Fragen der Umsetzung weiterhin ungeklärt. Dem können und werden wir so nicht zustimmen.